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Essays von Martin von Arndt
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Rimbauds 11. Symphonie – Zum Verhältnis Literatur-Musik
L’art ne me connaît pas: Der französische Dichter Tristan Corbière – Ein Portrait
Weshalb gute Texte stinken – Über Schreibwerkstätten
Übersetzungen von Martin von Arndt
Übersetzungen aus dem Französischen
Tristan Corbière: Still-Leben
Den Kuckuck, Pendel alter Zeiten,
Aufgestört aus Dunkelheiten
Hat der Trauerangelus.
Und den Kauz im Fiederprunken,
Wächter er ob Kerzenstrunken,
Gleißend in der Augen Fluß.
– Merk auf der Eulen Schweigestille …
– Ein hölzern Gellen: sieh, es will
Todes Karre lang den Weg.
Und vergnügt kreist überm Dache
Krähentier, wo Totenwache
Dem, der morgen geht, man pflegt.
Bretagne.-April.
Tristan Corbière:
Schlußsonett aus dem Sonettenzyklus „Paris“
Du lachst. – Auch recht! – Dann gib vom Bittern.
Nimm den Hieb, Spott-Mephisto.
Absinth! vom Geifer Lefzen zittern …
Sag, es käm von Herzen so.
Die Liebe streich … das Liebesklittern,
Posthum Werk aus dir erloh‘.
Und die vernarbten Lungen wittern
Ruhmesmiasmen, Sieger, oh!
Genug, nicht wahr? Auf!, fahr dahin,
Hellerbörse, Schlußgespielin,
letzter Freund – Pistolenschatz.
Ein Narr, vorbei, mit einem Fatz!
… Sonst steh! und trink den Lebenssatz
Vom abgedeckten Tisch. Mit Latz …
Mehr zu Tristan Corbière in meinem Essay „L’art ne me connaît pas“
Maurice Rollinat: Der Sukkubus
Fasernackt und die Brust, die laut wogt, die laut bebt:
Die Knospe des Puffs, der Spelunke, der Gossen
Zog träge die Bänder so rot, wie zum Possen,
Über lange schwarze Strümpfe, die duftig gewebt,
Da nun jäh ihre Beute im Leid sich erhebt:
„Ein Nebel ist um mich, es tost wie von Trossen!
Wo bist du, meine Kleine? Mein Leib bald verflossen,
Und mein Blick bricht, nun komm! Ich begehr dich entlebt!“
Bei den Worten frohlockt die Vampirin vor Spott:
„Wenn du just bis zum Ende willst hecheln den Trott,
Rat ich wohl dir“, so sprach sie, „und schon‘ deinen Hals.“
Und kühl nahm sie es hin, verlacht‘ die grausen Qualen,
Um mit schalkhaftem Wink sein Lebwohl jedenfalls
Wie den Japser im Tod noch mit Hohn zu bezahlen.
Übersetzungen aus dem nicaraguanischen Spanisch
Rubén Darío: Lichtwärts die mysteriöse Rose
Lichtwärts die mysteriöse Rose,
Wo sie just begraben
Ist dies Tat dreizehn, welche große
Herkul hat zu wagen.
Mond, dein frohes Gleißen,
säumst, Fels, die Stunde.
Doch tausend Blanktopps reisen
Am Himmelsrunde.
Es trägt meine Schaluppe
achtern goldne Sonnen,
Erspäh auf Stieres Kruppe
Ich nun Europas Wonnen.
Atlantischer Ozean 1907.
Rubén Darío: Rosen und Lilien
Wider alle Qualen, wider Traurigkeiten
Wenn auf bare Häupter schnei’n die rauhen Zeiten
Und die Ängste tosen:
Dies sind die Momente für die roten Rosen.
Doch für Augenblicke schwang’rer Illusionen,
Die sich müh’n dem Herzen Blumen einzuthronen
– Liebliche Delirien -:
Weiße, weiße Lilien.
Madrid, Dezember 1908.
Übersetzung aus dem US-amerikanischen Englisch
Robert Frost: Glut und Eis
Man sagt: die Erde stirbt in Glut
Man sagt: nein – Eis.
Für meinen Teil an Lebenswut
Halt ich’s mit euch, die stehn zur Glut.
Doch wenn’s mich zwiefach auch zerreißt:
Ich bin vertraut mit soviel Haß,
Mein‘ wohl, daß zur Zerstörung Eis
Nicht minder kraß
Zu wirken weiß.
(1920)
Übersetzung aus dem Ungarischen
Attila József: Ad sidera
Mutter, dein trübes Aug‘ erblickt nicht mehr,
Endlose du und Stumme auch schon,
Pein, die bleiern Fäuste ballt und Sohn,
Des Schädel knirschend kracht vor’m Hammer her.
Mutter, nicht eines Krumen Brots solch Leben
Lohnt. Doch atm‘ ich heitrem Werden, Streben:
Nimmer Geldes wegen heisre Kinderkehlen.
Klagen soll sie erfüllen an der Mutter Grab,
Und länger nicht stößt den Mensch in sein Leid hinab
dies – Geld.