achmatowa

Russische Autor*innen – Teil 6

Der Präsident der Russischen Föderation behauptet, es sei in Deutschland verboten, sich mit russischer Kunst, Musik und Literatur zu beschäftigen. Ein guter Grund für eine Reihe, in der ich – in aller Kürze – russische Autor*innen vorstelle. Bekannte, meist hierzulande aber weniger bekannte; viele haben mich tief beeindruckt.

Heute: ANNA ACHMATOWA

Mit Achmatowa komme ich heute zur wahrscheinlich bedeutendsten Lyrikerin (männliche Form mitgedacht) der russischen Sprache. Sie lebte von 1889 bis 1966 und gehörte, zumindest mit ihrem Frühwerk, zur Schule des Akmeismus (Schnellerklärung Akmeismus: Ablösung vom dominierenden Symbolismus durch eine eher zurückgenommene lyrische Sprache, bei gleichzeitiger Distanz zum avantgardistisch orientierten Futurismus). Nach der Oktoberrevolution nahm ihre noch junge Karriere ein jähes Ende: 1921 wurde ihr geschiedener Mann, der Dichter Gumiljow, mit dem sie eine enge Beziehung verband, nicht zuletzt weil sie einen gemeinsamen Sohn hatten, von der Geheimpolizei wegen angeblich konterrevolutionärer Tendenzen erschossen. Auch Achmatowa stand unter dem Verdacht, der Konterrevolution zuzuarbeiten. Sie erhielt unter Stalin Publikationsverbot, zugleich wurden ihr Sohn und ihr Ehemann in Arbeitslager geschickt. Achmatowa war permanent damit beschäftigt, deren Situation zu erleichtern. Rehabilitation und später Ruhm erfolgten erst Jahre nach Stalins Tod.

Requiem (Auszug, Übersetzung von Elke Erb)

V.

Siebzehn Monate schreie ich,
Rufe ich dich heim,
Zu Füßen warf ich dem Henker mich,
Du Sohn und Entsetzen mein.
Für immer verwirrt ist alles hier,
Und ich finde mich nicht in der Marter
Zurecht, wer ist da Mensch, wer Tier,
Und ist auf die Hinrichtung lang das Warten?
Und die üppigen Blumen nur,
Und des Weihrauchs Geläut und die Spur
Irgendwohin in das Nirgendwo.
Und in die Augen mir starret fern
Und mit dem nahen Untergang droht
Der ungeheure Stern.

#StopWarInUkraine