chlebnikow

Russische Autor*innen – Teil 5

Der Präsident der Russischen Föderation behauptet, es sei in Deutschland verboten, sich mit russischer Kunst, Musik und Literatur zu beschäftigen. Ein guter Grund für eine Reihe, in der ich – in aller Kürze – russische Autor*innen vorstelle. Bekannte, meist hierzulande aber weniger bekannte; viele haben mich tief beeindruckt.

Heute: WELIMIR CHLEBNIKOW

Chlebnikow lebte von 1885 bis 1922. Sein lyrisches Werk wird vor allem dem Futurismus, einer in Russland bzw. der UdSSR zentralen literarischen Bewegung der extremen Avantgarde, zugeordnet. Gemeinsam mit Majakowskij publizierte er das Manifest des russischen Futurismus: „Eine Ohrfeige dem allgemeinen Geschmack“. Chlebnikow verzichtete weitgehend auf materiellen Besitz und einen festen Wohnsitz. Obwohl er zunächst die Oktoberrevolution unterstützte, wurde er von den Sowjets doch abgelehnt, weil er sich nicht um deren künstlerisches Dogma eines „Sozialistischen Realismus“ bemühte.

Der Vorsitzende der Tscheka (Auszug / Tscheka war die sowjetische Geheimpolizei)

Er kommt, er lacht, zieht Rauch aus seiner Zigarette.
Er kommt erneut, und wieder lacht er.
Wieder hat er einen Fang gemacht: weiße Gewehre haufenweis für weißgewölkte Schießereien.
(…)
Ich bin ein schlechter Todeshelfer,
versteht ihr, meine Unterschrift
mit ihrem strengen Schnörkel hat keinen fremden Tod bekräftigt,
war nie der Nagel zum Sarg.
Doch mit Vergnügen hab ich meine Lieben beim Verhör erschreckt,
so daß ihr Blick zu flackern anfing,
ich habe die mir Anvertrauten manches Mal in Angst versetzt durch kühles genaues Verhör.
Wenn er in Gedanken schon Abschied nahm von der Familie und sich im Sarge liegen sah,
dann sagte ich besonders kühl:
– Bürger, Sie sind frei und können gehn. –
Er schweigt und lacht erneut mit seinen blauen Augen, zieht,
sorglos ein Lachen in den Augen,
aus seiner Zigarette eine dicke Wolke Räterauch:
Ich treibe sie nicht bis zum Letzten,
doch alle lasse ich im Geist ein Bad im Tode nehmen,
geistig, durch die Folter des Verhörs.
Eine Dusche Tod, wißt ihr, tut Leib und Seele gut.
(…)

#StopWarInUkraine