FAQ: Der Tod ist ein Postmann mit Hut

FAQ zum Buch Der Tod ist ein Postmann mit Hut von Martin von Arndt. – Sie haben JavaScript in Ihrem Browser deaktiviert. Um den Inhalt der Tabs anzeigen zu können, brauchen Sie aber ein aktiviertes JavaScript. Wenn Sie nicht wissen, wie dies funktioniert, folgen Sie bitte der Anleitung unter diesem Link.

Der Tod ist ein Postmann mit Hut

Der Tod ist ein Postmann mit Hut

Der Tod ist ein Postmann mit Hut: Österreich und die Musik

 

Im Buch werden über Monate anonyme Einschreiben verschickt. Ist das rein technisch überhaupt möglich?

Ja. Die österreichische wie die deutsche Post haben mir versichert, daß es technisch durchaus möglich ist. Zumal in Zeiten, in denen Einschreiben eben längst nicht mehr Einschreiben ist („Eigenhändig“, „Einwurf“, „Rückschein“), und der Vorgang, ein solches Einschreiben auf den Weg zu bringen, nicht mehr so streng kontrolliert wird wie früher.

Abgesehen davon: Selbst der Neorealismus darf seine Grenzen haben, wenn es bunt zugehen soll in einem Buch.

Warum sprechen alle Österreicher mit Wiener Dialekt, obwohl die Handlung in Innsbruck spielt?

Nicht alle sprechen niederösterreichische Mundarten: Paintner, der Musikproduzent, der Hausmeister und eine ganze Reihe anderer Figuren sind mit (moderaten) tirolerischen Dialektmerkmalen ausgestattet. Aber die Vertreter des „Verwaltungsmittelbaus“ – also vor allem Steinbichler, der Holetschek und die ehemaligen Kripo-Kollegen – stammen aus Niederösterreich. Sie gehören einer Zeit an, in der man in Österreich Beamte dieser Chargen noch aus der Bundeshauptstadt in die Landeshauptstädte exportiert hat.

Stichwort „moderat“: Hätte man die österreichischen Dialektmerkmale nicht noch deutlicher färben können?

Ich mußte an die Leserschaft im niederdeutschen Sprachraum denken. Verschriftlichte Mundarten erhöhen leider nicht in jedem Fall das Lesevergnügen. So haben sich Verleger, Lektorin und ich uns auf einen Kompromiß geeinigt, den ich noch immer recht gelungen finde.

Magst du Innsbruck nun eigentlich oder nicht?

Ich liebe es. Sonst hätte ich die Geschichte nicht dort angesiedelt.

Warum ist die Musik auf der Playlist ein solches Durcheinander aus Alternative-Rock, Jazz und Schlager?

Die Musik der Playlist repräsentiert die im Roman erwähnten Songs. Wenn Julio und der Grantler in ein Beisl am Inn gehen, läuft im Hintergrund Schlagermusik der 50er Jahre. Julio steht auf Alternative-Rock (wie ich auch), der Grantler auf Jazz, und da Julio seinen Lebensunterhalt damit verdient, Klassiker der Rock/Popmusik für chinesische Schnellimbisse aufzubereiten, dürfen auch einige Klopper aus dem Bereich nicht fehlen.

Wäre es nicht schön gewesen, dem Buch eine CD beizulegen?

Wunderschön. Aber die Rechte an den Songs hätten Unsummen verschlungen. – Wer es genau wissen möchte, kann die Songs in meiner Playlist zum Buch als Youtube-Videos hören (und manchmal auch sehen).

Der Tod ist ein Postmann mit Hut: Autobiograpie und Thomasmannie

 

Was hat das Protokoll mit der Rahmenerzählung zu tun?

Es gibt nicht viel Schlimmeres als Autoren, die die eigenen Texte interpretieren. Aber ein paar Stichworte dazu darf ich vielleicht geben. – Im Zentrum meiner Überlegungen stand etwas, das man ein wenig hochtrabend „Parzival-Motiv“ nennen könnte. Parzival ist auf der Suche nach dem heiligen Gral. Er ist schon bei Anfortas, dem Hüter der Gralsburg, also quasi am Ziel, verpaßt es dann aber, weil er sich nicht traut, die entscheidende Frage zu stellen, die nämlich, warum es Anfortas so offensichtlich dreckig geht. Am nächsten Tag ist die Gralsburg verlassen und Parzival muß wieder losziehen, eine endlos lange Zeit, bis er zum zweiten Mal zur Burg kommt. – Sowohl Julio wie auch Gregor, der Protagonist des Protokolls, haben mit Parzival etwas gemeinsam: sie „klemmen“, wenn es darauf ankommt. Es ist, zumindest bei Julio, nicht so, daß er nicht empathisch wäre, aber er hat eine große Scheu davor, sich in das Leben Fremder „hineinzudrängen“, selbst wenn er dazu eingeladen wird. Der Grantler spürt das, sagt deshalb zu ihm: „Tät dir vielleicht mal ganz gut.“ Er steht quasi schon am Totenbett von Koloman und will noch immer nicht sehen, daß er hier menschlich „gefragt“ ist. Wie Parzival. Ein tumber Tor.

Gregor ist die entscheidend „härtere“ Variante: ihm scheint Empathie gänzlich zu fehlen. Wenn es am Ende der Erzählung darauf ankommt, den vielleicht entscheidenden Hinweis zur Aufklärung des Falles zu geben, sich menschlich zu positionieren, offenbart er, daß es ihm um nichts anderes geht als um die Frage: Weshalb hat man auf mich geschossen, obwohl ich verdammtnochmal recht hatte? Das scheint das einzige, was ihn an dem ganzen Fall wirklich berührt: daß ihm Unrecht getan worden ist, obwohl er sich doch immer an die Spielregeln gehalten hat. Gregor ist eine Spiegelperson von Julio, das erkennt der Grantler intuitiv, deshalb legt er ihm das Protokoll nahe. Wie Anfortas streut er Hinweise über Hinweise, aber die tumben Toren wollen vor der Zeit eben nicht hören.

In einigen Feuilletons wurden die intertextuellen Bezüge zu Thomas Manns „Tod in Venedig“ herausgestellt. Mit Recht?

Absolut. Das Buch läuft geradezu über vor Anspielungen auf die Novelle. Man vergleiche nur einmal die Enden.

Ist das mit der Musik für chinesische Schnellimbisse autobiographisch?

Ja selbstverständlich. Das eine oder andere seltene Musikstück von Printed at Bismarck’s Death könnte als Beweis dienen. Allerdings haben die meisten Imbißbuden sich geweigert, diese Titel zu spielen. Ärgerlich.

Wer sendet Julio denn nun die Briefe?

Ganz einfach, es ist – Moment, gerade klingelt es an der Tür, ich melde mich später nochmal, ja?